Gedenken an Kriegsgräuel von Niederkaina

Niederkaina (Delnja Kina). Mit einer Kranzniederlegung hat André Wucht, Leiter des Amtes für Pressearbeit und Stadtmarketing in Vertretung des Oberbürgermeisters, am Donnerstag, dem 21. April 2011, in Niederkaina jenen Toten gedacht, die hier gegen Ende des Zweiten Weltkrieges in einer Scheune von Sowjetsoldaten bei lebendigem Leib verbrannt wurden.

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Der Volkssturm als Hitlers letztes Aufgebot

Am 22. April 1945, wenige Tage nach der Eroberung durch die Rote Armee, waren in der Scheune Angehörige einer Volkssturmkompanie von Rotarmisten der 1. Ukrainischen Front verbrannt worden. Die Täter sollen Angehörige eines SMERSCH-Sonderkommandos (Смерть шпионам! Tod den Spionen!) gewesen seien. Die Opferzahl wird mit 196 angegeben, andere Quellen sprechen von ungefähr 300 Ermordeten.

Der Volkssturm - im Herbst 1944 eingeführt - wurde auch "Hitlers letztes Aufgebot" genannt. Hier wurden Altere, Jugendliche, Kriegsdienstverwendungsunfähige und sonst für Kriegszwecke Unabkömmliche ("u.k.") eingezogen und sollten in unsinnigen Abwehrkämpfen verheizt werden. Die Bewaffnung des Volkssturms war schlecht oder gar nicht vorhanden. Gerade die Teilnehmer des Ersten Weltkrieges waren kaum motiviert, nochmals in dem Kampf zu ziehen. Nur die Nachrichten über die von der Roten Armee verübten Gräuel, verstärkt durch die Nazipropaganda, konnten noch Kampfeswillen schüren. Militärische Wirkung hatte der Volkssturm allerdings fast nie erzielt.

Angemerkt werden muss, dass die deutschen Truppen in den Jahren zuvor in der Sowjetunion eine besonders grausame Kriegsführung praktizierten, die von zahllosen Gräueltaten begleitet war.

Kommentare Lesermeinungen (1)
Lesermeinungen geben nicht unbedingt die Auffassung der Redaktion, sondern die persönliche Auffassung der Verfasser wieder. Die Redaktion behält sich das Recht zu sinnwahrender Kürzung vor.

Nie wieder Krieg?

Von Lang Shi am 22.04.2017 - 23:25Uhr
Was damals passiert ist, ist zweifellos ein Kriegsverbrechen. Die Berichterstattung ist aber etwas einseitig.

1. Man verschwieg, dass es nicht eindeutig bewiesen ist, wer dafür verantwortlich ist, dass man unter anderen auch die 2. Polnische Armee für verantwortlich hält, wird nicht erwähnt.

2. Man verschwieg auch, dass die Waffen-SS in den besetzten Gebieten solche Taten tausendfach verübt hat; dass durch den Krieg, der von Deutschland ausging, 50 Millionen Menschen getötet wurden, hat man auch verschwiegen. Über 15 Millionen von mehr als 25 Millionen, die die Sowjetunion zu beklagen hatte, waren Zivilisten. Fast 3,5 Millionen sowjetischen Soldaten starben in deutscher Gefangenschaft. Dazu kommen noch 6 Millionen Juden, fast 6 Millionen Polen sowie weitere Millionen von ermordeten Zivilisten. Starben sie alle friedlich, glücklich und mit Freude in Herzen?

Was ich damit sagen möchte: Krieg ist immer Scheiße. Von jeder Seite, die beteiligt ist, werden solche Taten als notwendig gesehen; was schlimmer ist, die sind nicht zu vermeiden. Die primäre Schuld liegt trotzdem an dem, wer den Krieg angefangen hat. Solange die Deutschen die Ereignisse auf dem Deutschen Boden im Krieg und in der Nachkriegszeit als ungerechtes Unheil und nicht als Folge von dem, was Sie selbst verursacht haben empfinden, werden sie nicht in der Lage sein sich von der Nazi-Erbe zu befreien.

Willy Brandt hat den Weg gezeigt, offensichtlich möchte man andere Wege gehen. Richtig wäre, im Artikel zu so was zu schreiben:
"Den 200 Menschen, die hier auf grausame Weise umgebracht worden sind, so wie den weiteren 50 Millionen Menschen, Opfern des zweiten Weltkriegs, sagen wir heute: Ruhet in Frieden. Wir tun alles, dass so was nie wieder passiert. Nie wieder Krieg!"

Heutzutage sind die Medien aber ganz anders drauf.
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Anmerkung der Redaktion:

Da wir hier als "Medien" direkt angesprochen werden, seien Anmerkungen erlaubt.

Zunächst: Die Medien sind die Boten, nicht die Botschaft. "Anders drauf" sind Regierung und Politik, die Waffengewalt bzw. deren Unterstützung mittlerweile als weitgehend selbstverständliches Mittel sehen. Darüber kann man lange diskutieren, vor allem, wenn weniger Energie auf diplomatische Lösungen als auf Militäreinsätze verwendet werden sollte.

Außerdem meinen wir, nicht jede Meldung sollte zur Grundsatzerklärung aufgebauscht werden. Das würde schnell zum erstarrten Ritual. Viel wichtiger scheint, das Verhalten des Einzelnen in einem sich verändernden gesellschaftlichen Meinungsumfeld in den Mittelpunkt zu rücken. Da ist aktuell viel zu tun.

Auch die Bemerkung, die Waffen-SS habe "in den besetzten Gebieten solche Taten tausendfach verübt", bedarf der Erläuterung. Die Waffen-SS ist als verbrecherische Organisation eingestuft worden. Es handelt sich um einen Teilbereich der SS (vor allem in Abgrenzung zu den SS-Wachverbänden), im Selbstverständnis die "kämpfende Truppe". Die Divisionen der Waffen-SS wiesen höchst unterschiedliche Qualitäten auf, sowohl im Kampfeinsatz als auch in Bezug auf Kriegsverbrechen. Möglicherweise wurden Elite-Divisionen, die ohne Zweifel auch Kriegsverbrechen begingen, ganz bewusst von Gräueln wie der Judenverfolgung ferngehalten, um deren Kampfmoral nicht zu gefährden.
Der pauschale Hinweis, "solche Taten tausendfach verübt" zu haben, fördert ein Schuldverständnis, das andere Diener des NS-Staates zu Unrecht entlastet, siehe dazu die vieldiskutierten als "Wehrmachtsausstellung" bekanntgewordenen beiden Wanderausstellungen des Hamburger Instituts für Sozialforschung (1995 bis 1999 und 2001 bis 2004).

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  • Quelle: red | Foto: Stadtverwaltung Bautzen
  • Erstellt am 22.04.2011 - 07:26Uhr | Zuletzt geändert am 22.04.2011 - 07:56Uhr
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