Verkehrsberuhigung in Bautzen?

Bautzen / Budyšin, 14. Januar 2015. (red) Verkehrsberuhigung kann nur dann funktionieren, wenn sie intelligent geplant wird und die komplexen Wirkungen berücksichtigt werden. Die Spreestadt Bautzen will sich jetzt dieser Aufgabe ganz praktisch stellen. Mit dem Beschluss des Verkehrsentwicklungsplanes für die Bautzener Innenstadt hatten die Stadträte bereits im November 2013 einKonzept zur verkehrsplanerischen und gestalterischen Aufwertung der Innenstadt auf den Weg gebracht. Besonders sollen der Lauengraben und der Kornmarkt vom Fahrzeugverkehr entlastet werden. Ab Ende Januar 2015 soll nun ein Teil der Maßnahmen - erst einmal probeweise - umgesetzt werden.

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Radfahrnetz soll entstehen

In einer komplexen Untersuchung hat das Ingenieurbüro für Verkehrsanlagen und -systeme (IVAS) aus Dresden zunächst die Defizite der aktuellen Situation definiert, um anschließend Ideen und Anforderungen an die künftige Gestaltung abzuleiten. Auch wenn es kein Patentrezept für die Umgestaltung von öffentlichem Raum gibt: Beispiele aus Städten wie Konstanz, Ulm, Aalen oder Duisburg zeigen, wie man ähnlich gelagerte Probleme anderenorts gelöst hat.

Basierend auf diesen Erfahrungen haben die beauftragten Planer Empfehlungen für den Straßenzug Lauengraben/Kornmarkt herausgearbeitet. Diese beinhalten unter anderem die Reduzierung der zulässigen Geschwindigkeit auf 30 km/h, um die Verträglichkeit zwischen den einzelnen Verkehrsarten sowie die Verkehrssicherheit im Umfeld des Straßenzuges zu erhöhen und dessen räumliche Trennwirkung zwischen der historischen Altstadt und den südlich angrenzenden Stadtteilen zu reduzieren.

Weil die Westtangente entlastend wirkt, eröffnen sich weitere Umgestaltungspotenziale, etwa in der Äußeren Lauenstraße, der Kreuzung der Dresdener Straße mit der Schliebenstraße und der Clara-Zetkin-Straße. Zum Plan gehört auch, ein zusammenhängendes Netz für Radfahrer auf den Hauptverkehrsstraßen der Innenstadt zu etablieren.

Öffentlichkeit einbezogen

Bis zu diesem Punkt waren an dem Prozess neben der Stadtverwaltung und IVAS auch die breite Öffentlichkeit beteiligt, so Stadträte, Träger öffentlicher Belange, Polizei, ADFC und ADAC haben die Vorstellungen diskutiert. Im März 2013 gab es zudem einen Informationsstand in der Tourist-Information Bautzen-Budyšin. Bei der Verwaltung gingen zahlreiche Hinweise aus der Bevölkerung ein. Relativ schnell wurde allen Beteiligten klar, dass nicht gleich die Bagger anrollen würden, sondern die Umgestaltung zunächst auf einen Versuch, wie sich bestimmte Maßnahmen auswirken, hinausläuft.

Verkehrsversuch in zwei Stufen

  1. Zunächst wird im Abschnitt zwischen der "Vogelkreuzung" und dem Holzmarkt die Höchstgeschwindigkeit auf 30 Stundenkilometer herabgesetzt. Die entsprechenden Verkehrsschilder sollen Ende Januar 2015 aufgestellt werden. Selbstverständlich werden die Ampelschaltzeiten angepasst. Bauarbeiten oder Markierungen sind in dieser ersten Versuchsphase nicht nötig.

    Die Geschwindigkeitsreduzierung soll den Kfz-Verkehr nicht einach "ausbremsen", sondern zu einer intensiveren Nutzung der Westtangente führen. erwartet wird, dass dadurch die Bedingungen für den Verkehr in der Innenstadt besser werden, was sie als Wohn- und Handelsstandort stärken könnte. Auf jeden Fall soll die Innenstadt für alle Verkehrsteilnehmer sicherer und attraktiver werden. Fußßgänger wie auch Pedaltreter können sich auf sichere und komfortablere Möglichkeiten zur Straßenüberquerung freuen. Entlang des Straßenzuges solen sich die Freiraum- und Aufenthaltsqualität verbessern.

  2. In der 2. Testphase wird - voraussichtlich im März 2015 - am Knotenpunkt Dresdener / Schlieben- / Clara-Zetkin-Straße ein provisorischer Kreisverkehr eingerichtet. "Mit dem Kreisverkehr kann ein attraktiver Eingang zur Innenstadt geschaffen werden, der sich in das Stadtbild einfügt. Durch den Kreisverkehr können die Konfliktpunkte zwischen den Verkehrsteilnehmern abgebaut sowie der Verkehrsfluss verstetigt werden, sofern die nach dem Bau der Westtangente immer noch vorhandene Verkehrsbelegung einen konfliktfreien Verkehrsablauf zulässt. Dies zu prüfen ist ein wesentliches Anliegen des Verkehrsversuchs", so dazu die Stadtverwaltung.

Der Verkehrsversuch wird durchgeführt, weil es durchaus Bedenken wegen des Verkehrsablaufs sowie des Ausweichverkehrs auf Nebenstraßen gibt. Der Verkehrsversuchs insgesamt soll durch umfassende Verkehrsbeobachtungen und die Messung von Verkehrsaufkommen, Reisezeiten und Rückstaulängen begleitet werden, wobei auch die Auswirkungen auf relevante Straßenzüge im Stadtgebiet sowie die Entwicklung der Immissionsbelastungen erfasst werden. In der Auswertung will man die in den Versuchsphasen gewonnen Daten miteinander sowie mit dem vorherigen Zustand verglichen. Daraus soll dann ggf. ein weiterer Anpassungsbedarf durch temporäre Einschränkungen im Verkehrsablauf abgeleitet werden.

Anhand von drei gerundlegenden Prüffragen soll der Verkehrsversuch beurteilt werden:
  1. Ist unter den jetzigen Bedingungen eine Koordinierung bei 30 km/h möglich?
  2. Sind verkehrliche Verlagerungen vorhanden und vertretbar?
  3. Ist die Verkehrsqualität für alle Verkehrsteilnehmer ausgewogen oder entstehen kontraproduktive Effekte?

Ursprünglich sollte laut "Verkehrsentwicklungsplan Innenstadt" die Verkehrsampel am Verkehrsknoten Lauengraben / Kornmarkt / Karl-Marx-Straße / Schulstraße abgeschalten werden. Darauf wird verzichtet. Die Bedingungen seien wegen der aktuellen Verkehrsbelegung nicht gegeben, begründet das die Stadtverwaltung.

Auf die Verkehrsteilnehmer kommt es an

Wesentlich für den Erfolg des Verkehrsversuchs ist, dass die Bürger die Veränderungen akzeptieren und auch ihr eigenes Mobilitätsverhalten ändern - und das braucht sicherlich Zeit. Das weiß auch die Stadtverwaltung "Die Neuordnung des Verkehrs ist ein fortwährender Prozess und die gewünschten Effekte treten erst nach einer langen Eingewöhnungsphase ein. Dadurch kann es speziell zu Beginn der Testphase zu längeren Stauerscheinungen kommen. Wir bitten alle Verkehrsteilnehmer in dieser schwierigen Stufe des Versuchs um etwas Gelassenheit."

Im Juni 2015 soll das Ingenieurbüro ein Gutachtens über die Ergebnisse des Verkehrsversuchs erstellen, das dann Basis einer endgültigen Regelung sein soll. Betreffs des vorerst provisorischen Kreisverkehrs gehört der Verkehrsversuch auch zur zeitgleich laufenden Vorplanung für den Kreuzungsumbau und ist Voraussetzung für die weitere Planung.

Bürgerhinweise sind willkommen

Wer ernstgemeinte Hinweise zum Verkehrsversuch und zur Verkehrsplanung geben möchte, kann das gern per E-Mail an verkehrsversuch@bautzen.de tun. Die Stadt Bautzen will zudem auf der städtischen Internet-Homepage eine entsprechende Rubrik mit den aktuellsten Informationen ein- und regelmäßig im Amtsblatt berichten.

Kommentare Lesermeinungen (1)
Lesermeinungen geben nicht unbedingt die Auffassung der Redaktion, sondern die persönliche Auffassung der Verfasser wieder. Die Redaktion behält sich das Recht zu sinnwahrender Kürzung vor.

Innenstädte sind Lebensräume

Von Martin am 21.01.2015 - 08:01Uhr
Es ist wichtig, dass einersseits die Innenstadt von Bautzen wieder mehr als Lebensraum der Bürger wahrgenommen wird und nicht vorrangig als Verkehrsbereich und andererseits zwischen allen Bereichen des Verkehrs Gleichberechtigung hergestellt wird.

Das ewige Warten an der neuen Fußgängerampel am Kornmarkthaus ist für Fußgänger derzeit "grenzwertig".

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  • Quelle: red | Fotos: © Bautzner Anzeiger
  • Erstellt am 14.01.2015 - 18:54Uhr | Zuletzt geändert am 14.01.2015 - 21:56Uhr
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