Moderne Betriebsführung für Gewerbe und Freie Berufe
Bautzen / Budyšín, 25. August 2021. Von Thomas Beier. Schaut man auf die aktuelle Startup-Szene in der Oberlausitz, dann könnte man den Eindruck gewinnen, nichts sei einfacher als der Weg in die Selbständigkeit, ob nun als Handwerker, gewerblicher Dienstleister oder als Freiberufler, wie es typischerweise Rechtsanwälte, Notare und Ärzte, aber auch Hebammen, Lotsen und unter bestimmten Bedingungen auch Unternehmensberater sind. Manch an Gründer gerichtetes Förderprojekt dient wohl vor allem der Bespaßung.
Das Einfachste an der beruflichen Selbständigkeit ist die Gründung, anschließend wird es kompliziert
Tatsächlich ist der Weg zum eigenen Unternehmen, ob nun Betrieb oder Praxis, sehr einfach: Gewerbetreibende zeigen die Gewerbeaufnahme dem örtlichen Gewerbeamt an, das fast alle “schlafenden Hunde”, so die Kammern und das Finanzamt, weckt. Angehende Freiberufler müssen checken, ob die Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer vorgeschrieben ist, teilen ihre Selbständigkeit dem Finanzamt mit und wenn dem gewünschten selbständigen Erwerbsleben keine Vorschriften entgegenstehen, kann es losgehen.
Spätestens mit der Aufnahme des Geschäftsbetriebs setzen jedoch teils enorme Anforderungen an den Unternehmer oder die Unternehmerin ein – und die haben nur sehr bedingt mit dem zu tun, was in den allermeisten Existenzgründungskursen gelehrt wird, vor allem, wenn diese von Nicht-Unternehmern durchgeführt werden. Selbst wenn man tagelang über die Merkmale einer “Unternehmerpersönlichkeit” diskutiert, wird man keine. Und Vorschriften, so sehr sie beachtet werden müssen, helfen wenig, wenn man Aufträge braucht. Welche Aspekte werden bei der Gründungsvorbereitung gern vernachlässigt?
Zeitverhalten ändert sich
Wer auf eigene Rechnung arbeitet, für den ändert sich das Zeitverhalten. Während ein Arbeitnehmer im Grunde immer Freizeit hat, die nur von der “lästigen” Arbeitszeit unterbrochen wird, hat der Unternehmer immer Arbeitszeit, von der er sich seine Freizeit abknapsen muss. Selbst erlebt: Eine Ehefrau wirft ihrem unternehmerisch tätigen Mann vor, doch nur noch eine Position in seinem Terminkalender zu sein und er fragt trocken zurück: “Ja, Schatz, so ist es, wie sollte es anders gehen?”Tatsächlich brauchen Unternehmer am Anfang viel Zeit für ihr Geschäft. Rund die Hälfte der Arbeitszeit muss in vielen Fällen für die Kundengewinnung inklusive Angebotserstellung aufgewendet werden – Zeit, in der man kein Geld verdient, die aber Kosten verursacht. Für die nötige Leistungszeit zur Auftragserfüllung mit allen Nebenaufwendungen reicht ein halber Normalarbeitstag aber nicht aus, Folge: Die Arbeitstage sind lang und oft genug müssen auch die Wochenenden genutzt werden. Merke: Der Selbstausbeutung sind keine Grenzen gesetzt.
Tipp:
Gründungsideen brauchen ganz am Anfang oftmals kein ausführliches Unternehmenskonzept und erst recht keinen Businessplan, der für Kunden – die ja der Daseinszweck des Unternehmens sind – ziemlich egal ist. Wichtiger ist ein gemeinsam mit einem erfahrenen Unternehmensberater durchgeführter Plausibilitätscheck, der neben eigenen Aufwendungen und Kapazitäten auch die Aussichten am Markt einbezieht und erste Grundentscheidungen ermöglicht.
Workflow optimieren und sichern
Als Unternehmensberater erkennt man in Betrieben immer wieder Abläufe, die zu viel Aufwand verursachen. Mit einem “Das haben wir immer schon so gemacht, das hat sich bewährt” werden eingeschliffene Gewohnheiten gern verteidigt. Zu den Blüten gehört etwa das Drucken und wieder Abtippen von E-Mails. Zentrale Datenhaltung oder etwa der einfache digitale Zugang für Kunden sind in vielen kleineren Unternehmen noch immer Fehlanzeige.Außerdem müssen Abläufe so gestaltet und dokumentiert sein, dass das Geschäft auch bei einem Mitarbeiterwechsel oder beim Ausfall einer wichtigen Person weiterlaufen kann. Wenn etwa Zugangsdaten für wichtige Systeme nicht zentral hinterlegt sind oder – was vorkommt – private E-Mail-Accounts fürs Geschäft genutzt werden, wird es schwierig. Wichtig ist auch im Kleinbetrieb eine klare Ablagestruktur, ob nun für Papierakten oder Dateien auf Speichermedien. Das gilt ebenso für Werkzeuge, Geräte und Materialien.
Tipp:
Ablageorte sollten stets eindeutig beschriftet werden, damit sich auch neue Mitarbeiter schnell orientieren können. Wenn Betriebsabläufe aber nur funktionieren, weil alle sie als Üblichkeiten im Hinterkopf haben, haben es Neulinge schwer und außerdem kommt es häufiger zu Missverständnissen und Fehlern.
Aufwand reduzieren
Nicht nur Mitarbeiter, auch Unternehmer selbst neigen immer wieder dazu, sich mit Dingen zu beschäftigen, die interessant erscheinen und Spaß machen. Darüber vernachlässigen sie, was wichtig und dringend ist und zudem vielleicht wirklich keinen Spaß macht. Ein typischer Bereich ist hier das Rechnungswesen. Anstelle nach jeder erbrachten Leistung sofort die Rechnung zu stellen und die Zahlungseingänge konsequent zu überwachen, wird der Papierkram vor sich hergeschoben und vielleicht sogar vergessen – sehr zur Freude von Kunden, Mandanten und Patienten!Grundsätzlich sollten sich Gewerbetreibende und Freiberufler auf ihre Kernkompetenzen als Grundlage des unternehmerischen Erfolgs besinnen und sich von allem Ballast befreien, der zwar erledigt werden muss, aber nicht Grundlage des nötigen Erfolgs ist. In manchen Bereichen ist das selbstverständlich, so arbeiten wohl nahezu alle Unternehmer mit einem Steuerberater zusammen, weil es für sie keinen Sinn ergäbe, dessen Leistungen aus eigener Kraft zu erbringen.
Relativ jung im Geschäft sind Dienstleister, die unterschiedliche Dienstleistungen rund um die Rechnungslegung aus einer Hand erbringen. Wer jetzt meint, die Kosten für diesen Service könne man sich sparen, weil man noch immer in der Lage ist, seine Rechnungen selbst zu schreiben, vergisst einige Aspekte, wie sie auf der Webseite KFO Abrechnung im Factoring für Ärzte zusammengestellt sind.
Tipp:
Keine Angst vor Kosten, wenn damit eigene Leistungspotentiale, die erfolgreich vermarktet werden können, freigesetzt werden! Nur wer Leistungen für anspruchsvolle Kunden erbringt, kann sich weiterentwickeln. Umgekehrt: Wer Kosten spart und in dieser Zeit keine Leistungen verkauft, kann nicht vorwärtskommen.
Schneller Ansatz
In der Tat ist Factoring – der Verkauf eigener Forderungen – ein Ansatzpunkt, der besonders schnell wirksam wird. Am Beispiel einer Arztpraxis lässt sich das gut erklären: Nicht nur das Schreiben von Rechnungen, sondern auch die Überwachung der Zahlungseingänge kosten Aufwand. Müssen säumige Zahler gemahnt werden, steigt der Aufwand weiter und ist zudem für viele Gläubiger mit rechtlichen Unsicherheiten auf diesem Gebiet verbunden.Eskaliert die Geltendmachung einer Forderung, kommt ein weiterer Aspekt hinzu: Das besondere Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient, auch wenn es von diesem als säumigen Zahler ursächlich gestört wurde, soll nicht weiter beschädigt werden oder der Vorgang gar als die Geschichte vom unerbittlichen Arzt in Patientenkreisen die Runde machen.
Doch ganz real fehlt der Praxis das Geld: Übliche 30 Tage Zahlungsziel, dann vielleicht eine höfliche Zahlungserinnerung mit entsprechendem neuen Zahlungsziel, eine erste, zweite, dritte Mahnung, schließlich Mahnbescheid oder Zahlungsklage… statt sein Geld zu sehen, mit dem ja auch die Betriebskosten der Praxis gedeckt werden müssen, entstehen dem Arzt nur weitere Kosten ohne die Gewissheit, seine Rechnung überhaupt jemals bezahlt zu bekommen.
Ganz anders, wenn der Arzt seine Forderungen verkauft: Der sogenannte Factorer bezahlt die angekaufte Forderung sofort. Zwar sinkt dabei die Rentabilität, denn für eine Forderung über beispielsweise 100 Euro werden dem Leistungserbringer vielleicht nur 98,50 Euro gezahlt – aber die hat er sofort und sicher ohne jeden Nachaufwand. Gute Factorer bieten zudem kunden- oder patientenfreundliche Leistungen wie etwa Ratenzahlung an, was ja nun wirklich nicht Aufgabe einer Arztpraxis sei kann.
Tipp:
Auf Dauer muss jedes Unternehmen rentabel sein, nicht aber zu jeder Zeit – liquide, sprich zahlungsfähig, hingegen muss es ständig sein.
Schlankes Unternehmen
Sicherlich sind die Rahmenbedingungen für jedes neue oder gewachsene Unternehmen andere. Mancher braucht eine gewisse Mindestanzahl an Mitarbeitern, um überhaupt eine Chance auf Aufträge zu haben. Anderen ist zu raten, auf geringe Fixkosten zu achten, deutlicher: Es ist besser, etwas höhere Kosten in Kauf zu nehmen, wenn diese nur dann anfallen, wenn tatsächlich Umsatz entsteht. Ein Beispiel für riskante Fixkosten ist die Gastronomie: Wenn keine Gäste da sind, muss dennoch Personal bezahlt werden, Lichtstrom, Heizung und Kühltruhen, Versicherungen, Grundgebühren für Medienanschlüsse und anderes mehr laufen weiter.Anders ein Unternehmer, der mit freien Mitarbeitern, also anderen Selbständigen, zusammenarbeitet und dem nur dann Kosten entstehen, wenn er Aufträge zu vergeben hat. Vorteil solcher Netzwerke: Man selbst erhält auch Aufträge von den anderen. Dazu allerdings muss das Netzwerk drei grundlegenden Regeln folgen, ohne die es auf Dauer nicht existieren kann. Aber das ist ein anderes Thema, das wird ein anderes mal behandelt.
Der Autor hat 1994 die Unternehmensberatung Beier Consulting gegründet und sich auf die Strategie- und Organisationsentwicklung für leistungsfähige Unternehmen und andere Organisationen wie etwa Krankenhäuser und Klinika spezialisiert.
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- Quelle: Thomas Beier | Foto: © Bautzner Anzeiger
- Erstellt am 25.08.2021 - 14:35Uhr | Zuletzt geändert am 25.08.2021 - 15:00Uhr
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